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Ablauf einer Betriebsratswahl

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1. Ermittlung des Wahlverfahrens

Zur Vorbereitung jeder Betriebsratswahl ist zunächst zu ermitteln, in welchem Wahlverfahren das zukünftige Betriebsratsgremium zu wählen ist. Dabei ist die Frage nach dem Wahlverfahren maßgeblich für den konkreten Ablauf der Wahl. Das Gesetz unterscheidet einerseits zwischen einem ein- oder zweistufigen und andererseits zwischen einem vereinfachten oder normalen Wahlverfahren.

 

Das zweistufige Wahlverfahren ist nur dann erforderlich, wenn weder ein Betriebsrat noch ein Gesamt- oder Konzernbetriebsrat vorhanden ist. In diesem Fall muss von den wahlberechtigten Arbeitnehmern in einer ersten Wahlversammlung (erste Stufe) ein Wahlvorstand gewählt werden. Dieser erhält die Aufgabe, den Ablauf der weiteren Wahl zu organisieren und zu überwachen. In einer zweiten Wahlversammlung (zweite Stufe) findet schließlich die eigentliche Wahl der Betriebsratsmitglieder statt.

 

Demgegenüber findet in Betrieben, die bereits über einen Betriebsrat bzw. Konzern- oder Gesamtbetriebsrat verfügen, das einstufige Wahlverfahren Anwendung. Auf Betriebe, in denen in der Zeit vom 01.03.2022 bis zum 31.05.2022 im Rahmen der regelmäßigen Betriebsratswahlen gemäß § 13 Abs. 1 des BetrVG ein neuer Betriebsrat gewählt wird, trifft dies in aller Regel zu. Angesichts der unmittelbar bevorstehenden regelmäßigen Betriebsratswahlen soll daher vorrangig auf das einstufige Wahlverfahren eingegangen werden.

 

Im Rahmen des einstufigen Wahlverfahrens ist weiter zwischen dem vereinfachten und dem normalen Wahlverfahren zu unterschieden. Hierfür ist die Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer im Betrieb entscheidend. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass sich mit dem Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes der Anwendungsbereich des vereinfachten Wahlverfahrens deutlich vergrößert hat. Insofern ist es möglich, dass Betriebe, die 2018 noch im normalen Wahlverfahren gewählt haben, nunmehr das vereinfachte Wahlverfahren durchführen können oder sogar müssen.

 

In Betrieben mit fünf bis 100 Wahlberechtigten ist zwingend das vereinfachte Wahlverfahren Anwendung. Sofern ein Betrieb zwischen 101 und 200 Wahlberechtigten beschäftigt, besteht die Möglichkeit, dass der Wahlvorstand und der Arbeitgeber sich auf die Durchführung des vereinfachten Verfahrens einigen. Sollte dies nicht geschehen, ist der Betriebsrat im normalen Wahlverfahren zu wählen. Bei Betrieben mit über 200 Arbeitnehmern ist zwingend das normale Wahlverfahren durchzuführen. Nur am Rande sei hier darauf hingewiesen, dass seitens der Gewerkschaften regelmäßig das normale Wahlverfahren bevorzugt wird, da über die dort grundsätzlich stattfindende Listenwahl leichter die von der Gewerkschaft gewünschten Arbeitnehmer in den Betriebsrat gewählt werden.

 

Anzumerken ist zudem, dass das vereinfachte Wahlverfahren kaum nennenswerte Vereinfachungen mit sich bringt, sondern vielmehr die einzuhaltenden Fristen deutlich verkürzt und damit das Verfahren beschleunigt. Inwiefern sich die beiden Wahlverfahren unterscheiden, wird im Folgenden an den betreffenden Punkten hervorgehoben.

2. Der Wahlvorstand

Mit der Bestellung eines Wahlvorstands bekommt die Betriebsratswahl regelmäßig erste Formen, ist aber noch nicht eingeleitet im rechtlichen Sinne. Dies erfolgt erst mit Bekanntmachung des Wahlausschreibens. Besteht im Unternehmen ein Betriebsrat, so muss dieser spätestens zehn Wochen vor Ende seiner Amtszeit den Wahlvorstand bestellen; im vereinfachen Wahlverfahren muss dies mindestens vier Wochen vor Ende der Amtszeit erfolgen.

 

Wird dennoch kein Wahlvorstand durch den Betriebsrat bestellt, so kann dieser durch den Gesamtbetriebsrat oder den Konzernbetriebsrat bestellt oder gerichtlich auf Antrag von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft eingesetzt werden. Diese Fälle sind jedoch in der Praxis äußerst selten. Wird auch auf diese Weise kein Wahlvorstand eingesetzt, so besteht im Unternehmen nach Ablauf der Amtszeit kein Betriebsrat mehr.

 

Der Wahlvorstand besteht aus mindestens drei Wahlberechtigten. Diese Zahl kann bei Bedarf aber auch erhöht werden – was gerade in größeren Betrieben regelmäßig der Fall sein wird. Dabei muss die Anzahl der Mitglieder jedoch stets eine ungerade sein, um Patt-Situationen bei Abstimmungen zu verhindern. Zusätzlich kann jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft ein nicht stimmberechtigtes Mitglied in den Wahlvorstand entsenden, wenn nicht bereits ein stimmberechtigtes Mitglied des Wahlvorstands der Gewerkschaft angehört.

 

Die Hauptaufgabe des Wahlvorstands ist zunächst die unverzügliche Einleitung der Wahl, also den Erlass des Wahlausschreibens sowie die Erstellung der Wählerliste. Dazu tritt er an den Arbeitgeber heran und bittet diesen um die Übersendung der hierzu erforderlichen Informationen. Zudem kann der Wahlvorstand bei 101 bis 200 wahlberechtigten Arbeitnehmern mit dem Arbeitgeber die Anwendung des vereinfachten Verfahrens vereinbaren.

 

Die Wahl ist – wie geschrieben – unverzüglich einzuleiten. Dies bedeutet juristisch gesprochen nicht „sofort“, sondern „ohne schuldhaftes Zögern“. Es ist dabei durchaus denkbar, dass ein völlig unerfahrener Wahlvorstand erst noch eine entsprechende Schulung besuchen muss, wenn im Unternehmen die Wahl eine gewisse Komplexität aufweist. Die Obergrenze dürfte hier aber bei etwa zwei Monaten liegen, wobei auch schon bei weniger Zeitablauf eine unverzügliche Einleitung nicht mehr gegeben sein kann. Verstöße hiergegen berechtigen jedoch lediglich zur Absetzung des Wahlvorstands. Leitet dieser die Wahl dennoch – nur erheblich verspätet – ein, sind Anfechtungsgründe nicht gegeben.

 

Neben der Einleitung der Wahl muss der Wahlvorstand die Wahl durchführen und das Wahlergebnis feststellen. Dies werden wir jeweils mit eigenen Beiträgen näher beleuchten.
Mitglieder des Wahlvorstands haben zudem einen besonderen Kündigungsschutz. Dieser besteht vom Zeitpunkt der Bestellung bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses – außerordentliche, fristlose Kündigungen bleiben bei Vorliegen eines entsprechenden Grundes aber weiter möglich. Der Kündigungsschutz besteht in gleicher Form grundsätzlich weitere sechs Monate nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Grundsätzlich deshalb, weil bei gerichtlicher Ersetzung des Wahlvorstands dies nicht für den vormaligen Wahlvorstand gilt.

 

Insgesamt hat der Wahlvorstand einen erheblichen Einfluss auf den Ablauf der Wahl. Seine Besetzung kann darüber entscheiden, ob das Wahlverfahren sauber oder besonders konfrontativ durchgeführt wird. Aufgrund der Wahl durch den bestehenden Betriebsrat hat der Arbeitgeber grundsätzlich wenig Einfluss auf die Personalien. Umso wichtiger ist es in Unternehmen ohne bestehenden Betriebsrat unverzüglich nach Kenntnis von Bestrebungen der Belegschaft, einen Betriebsrat zu gründen, die weiteren Schritte zu prüfen. Sollten Sie Fragen zur Besetzung des Wahlvorstands oder zur Zusammenarbeit mit diesem haben, können Sie uns jederzeit gerne ansprechen.

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3. Die Wählerliste

Unmittelbar nach seiner Wahl hat der Wahlvorstand eine sogenannte Wählerliste zu erstellen. Diese stellt im Wesentlichen ein Verzeichnis der im Betrieb wahlberechtigten Arbeitnehmer dar. Die für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte und Unterlagen hat der Arbeitgeber gemäß § 2 WO zur Verfügung zu stellen und den Wahlvorstand bei der Feststellung der Wahlberechtigten zu unterstützen.

 

Insbesondere bei der Beurteilung der Wahlberechtigung treten regelmäßig Fehler auf, die potentiell zu einer Wahlanfechtung berechtigen können.
Das aktive Wahlrecht, also das Recht zu wählen, besitzen gemäß § 7 BetrVG alle Arbeitnehmer des Betriebes, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, sowie Leiharbeitnehmer, die bereits seit mehr als drei Monaten im Betrieb eingesetzt werden.

 

Wer als Arbeitnehmer zu bewerten ist, ergibt sich aus § 5 BetrVG. Hierzu zählen ausdrücklich auch Auszubildende, Beschäftigte im Außendienst und in Telearbeit sowie Beamte, Soldaten und Beschäftige im öffentlichen Dienst, die in privatrechtlich organisierten Unternehmen tätig sind. Ausdrücklich nicht als Arbeitnehmer gelten Gesellschafter, Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder und Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie dem Erwerb, sondern karitativer oder religiösen Beweggründe oder der Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung dient. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass selbst Ehegatten, Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades keine Arbeitnehmer im betriebsverfassungsrechtlich Sinne und damit von der Wahl ausgeschlossen sind, sofern sie mit dem Arbeitgeber in häuslicher Gemeinschaft leben. Auch die Einordnung von leitenden Angestellten, die gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG nicht wahlberechtigt sind, ist in der Praxis häufig problematisch. Als Faustformel gilt hier, dass ein Arbeitnehmer in der Regel als leitender Angestellter zu bewerten ist, wenn er selbstständig einstellen und entlassen darf, ohne die Zustimmung eines Vorgesetzten zu benötigen. Für eine korrekte Einordnung sind aber stets sämtliche Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch die Aufgaben und Befugnisse des Arbeitnehmers, zu prüfen.

 

Das passive Wahlrecht, also das recht, gewählt zu werden, richtet sich nach § 8 BetrVG. Ob ein Arbeitnehmer wählbar ist, knüpft sich zunächst an seine (aktive) Wahlberechtigung an. Insofern gelten die obigen Ausführungen. Darüber hinaus setzt das passive Wahlrecht aber auch voraus, dass bereits das 18. Lebensjahr vollendet wurde und eine Betriebszugehörigkeit von mindestens sechs Monaten zu verzeichnen ist.

 

Die Wählerliste ist schließlich wie auch das Wahlausschreiben an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen auszuhängen und in gut lesbarer Form zu erhalten. Es ist zu beachten, dass die Wählerliste stets aktuell zu halten ist. Sollten zwischen dem Aushang der Wählerliste und dem Wahltag Einstellungen oder Kündigungen vorgenommen werden, ist die Wählerliste entsprechend zu korrigieren.

 

Ab Erlass der Wählerliste können Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste im vereinfachten Wahlverfahren innerhalb von drei Tagen (§ 30 Abs. 2 WO) und im normalen Wahlverfahren innerhalb von zwei Wochen (§ 4 Abs. 1 WO) eingelegt werden. Einspruchsberechtigt sind grundsätzlich alle Arbeitnehmer sowie diejenigen Personen, die meinen, selbst rechtsfehlerhaft eingeordnet worden zu sein. Eine Einspruchsberechtigung des Arbeitgebers wird nach der herrschenden Meinung zwar allgemein verneint, eine entsprechende höchstrichterliche Entscheidung liegt bislang jedoch nicht vor.

 

Über die eingelegten Einsprüche hat der Wahlvorstand unverzüglich durch Beschlussfassung zu entscheiden. Hält der Wahlvorstand den Einspruch für begründet, ist die Wählerliste zu korrigieren. Andernfalls ist dem Einspruchsführer die ablehnende Entscheidung unverzüglich, spätestens jedoch am Tag vor der Stimmabgabe, mitzuteilen.

 

Eine Wahlanfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit diese auf die Unrichtigkeit der Wählerliste gestützt wird, jedoch zuvor trotz bestehender Möglichkeit kein ordnungsgemäßer Einspruch eingelegt wurde. Mit der Einführung des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes wurden zudem Wahlanfechtungen durch den Arbeitgeber unterbunden, die sich gegen die Unrichtigkeit einer Wählerliste, die auf den eigenen Angaben des Arbeitgebers beruht, richtet.

4. Das Wahlausschreiben

Mit Erlass des Wahlausschreibens ist die Betriebsratswahl eingeleitet (§ 3 Abs. 1 S. 2 Wahlordnung (WO)). Es dient dazu, die Mitarbeiter darauf hinzuweisen, dass die Wahl stattfindet und klärt diese über ihre Rechte und Möglichkeiten im Zusammenhang mit der Wahl auf. Fehler im Wahlausschreiben können daher letztlich dazu führen, dass ein Mitarbeiter nicht kandidieren, Stimmen nicht oder nicht korrekt abgegeben werden oder Mitarbeiter schon gar nicht von der Wahl erfahren. Fehler haben hier also oft erhebliche Auswirkungen auf die Wahl und lassen die Wahl in vielen Fällen anfechtbar werden.

 

Der Inhalt des Wahlausschreibens selbst ist dabei von der Wahlordnung vorgegeben. Dieser unterscheidet sich danach, ob das normale Wahlverfahren zur Anwendung kommt oder das einstufige oder zweistufige vereinfachte Wahlverfahren. Die entsprechenden Inhalte lassen sich aus § 3 Abs. 2 WO oder den §§ 31 Abs. 1 S. 3, 36 Abs. 3 S. 1 WO ersehen. Insbesondere sind hier die genauen Termine und Fristen zu benennen, die für die Einreichung von Wahlvorschlägen, die Abgabe der Stimmen oder deren Auszählung gelten.

 

Dabei wurde bei den Fristen nunmehr ausdrücklich gestattet, auch Uhrzeiten zu benennen, bis zu denen am Tag des Fristablaufs die Handlungen vorzunehmen sind. Hier hat erst jüngst wieder das BAG entschieden, dass bei Fehlen einer Uhrzeit die Abgabe von Wahlvorschlägen auch bis Mitternacht noch zulässig ist. Der Wahlvorstand muss dann also eine „Nachtschicht“ vornehmen. Die Uhrzeit darf dabei aber selbstverständlich nicht vor Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der wahlberechtigten Mitarbeiter liegen.

 

Aufgrund der hohen Bedeutung des Wahlausschreibens stellt die Wahlordnung auch strenge Vorgaben bezüglich der Bekanntmachung auf. Im normalen Wahlverfahren ist dies spätestens sechs Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe zu erlassen. Im vereinfachten Verfahren gibt es eine solche Frist nicht. Es wird aber allgemein davon ausgegangen, dass zwischen dem Erlass des Wahlausschreibens und der Stimmabgabe mindestens eine Woche liegen muss.

 

Das Wahlausschreiben ist zur Bekanntgabe an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen auszuhängen und in gut lesbarer Form zu erhalten. Zudem ist es im Rahmen des normalen Wahlverfahrens zwingend alle Mitarbeiter, die zum Zeitpunkt der Wahl nach ihrer Eigenart des Beschäftigungsverhältnisses (z.B. Außendienst oder Home-Office) nicht im Betrieb anwesend sein werden, per Post oder per E-Mail zu übersenden. Gleiches gilt seit der Änderung der Wahlordnung für alle Mitarbeiter, die vom Erlass des Wahlausschreibens bis zum Zeitpunkt der Stimmabgabe voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden – dies umfasst vor allem Mitarbeiter in Elternzeit, im Sabatical oder langzeiterkrankte Mitarbeiter. Im vereinfachten Verfahren gibt es keine derartige Regelung. Auch hier wird aber angenommen, dass derartigen Mitarbeitern die Information zugehen muss, damit alle Mitarbeiter über die Wahl informiert wurden. Dies stellt eine potenzielle Fehlerquelle dar.

 

Dies ist nicht nur deswegen wichtig, weil das Unterlassen dieser Information ein erheblicher Wahlfehler ist, der zur Anfechtung berechtigen kann, sondern auch, weil die Wahl eingeleitet wurde, wenn das letzte Schreiben ausgehängt wurde oder zugegangen ist. Das ist für den Lauf und die Einhaltung diverser Fristen von Bedeutung.

 

Der Arbeitgeber sollte somit das Wahlausschreiben nicht nur genau prüfen, er sollte auch kontrollieren, dass alle Arbeitnehmer tatsächlich informiert wurden und sicherstellen, dass das Schreiben durchgängig gut lesbar ist und nicht verändert oder gar abgehängt wird.

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5. Die Wahlvorschläge

Mögliche Kandidaten für das Betriebsratsamt werden von den wahlberechtigten Arbeitnehmern des Betriebes oder auch von im Betrieb vertretenen Gewerkschaften vorgeschlagen. Dabei werden Wahlvorschläge oder (bei mehreren Kandidaten auf einem Wahlvorschlagszettel) die Vorschlagslisten an den Wahlvorstand übergeben.
Die Art des Wahlverfahrens ist entscheidend dafür, ob eine Personen- oder eine Listenwahl stattfindet.

 

Im vereinfachten Wahlverfahren erfolgt stets eine Personenwahl. Hierbei stimmen die Wahlberechtigten unmittelbar für einzelne Kandidaten. Sie können so viele Kreuze setzen, wie Sitze in dem zu wählenden Betriebsratsgremium zu vergeben sind. Im normalen Wahlverfahren wird in der Regel eine Listenwahl durchgeführt. Hierbei stehen Listen mit Kandidaten in einer zwingend festzulegenden Reihenfolge zur Wahl. Dies hat zur Folge, dass die Wahlberechtigten nicht an verschiedene, einzelne Kandidaten Ihre Stimmen vergeben können. Vielmehr kann jeder Wahlberechtigte nur eine einzige Vorschlagsliste als solche wählen. Sollte im normalen Wahlverfahren aber ausnahmsweise nur eine einzige Liste vorgeschlagen werden, ist auch hier eine Personenwahl durchzuführen.

 

Die Wahlvorschläge müssen mit der nach § 14 Abs. 4 BetrVG vorgeschriebenen Anzahl von sogenannten „Stützunterschriften“ versehen sein. An dieser Stelle gilt es zu beachten, dass das Betriebsrätemodernisierungsgesetz die jeweils erforderliche Anzahl von Stützunterschrift weiter reduziert hat. Demnach sind in Betrieben bis zu 20 Wahlberechtigten keine Stützunterschriften, in Betrieben mit 21 bis 100 Wahlberechtigten zwei Stützunterschriften und in Betrieben mit mehr als 100 Wahlberechtigten Stützunterschriften von 5 % der Wahlberechtigten erforderlich. 50 Stützunterschriften sind aber in jedem Fall ausreichend.

 

Die Frist zur Einreichung der Wahlvorschläge unterscheidet sich je nach durchzuführendem Wahlverfahren. Im vereinfachten Wahlverfahren müssen Wahlvorschläge gemäß § 36 Abs. 5 WO bis spätestens eine Woche vor der Stimmabgabe eingereicht werden. Im normalen Wahlverfahren hat dies gemäß § 6 WO innerhalb von zwei Wochen ab Erlass des Wahlausschreibens zu erfolgen. Der Wahlvorstand kann hierfür auch eine Uhrzeit festlegen, die aber nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Beschäftigten liegen darf (s. o. zum Wahlausschreiben). Wird keine Uhrzeit festgelegt, so dürfen Wahlvorschläge bis Mitternacht eingereicht werden.

 

Eingereichte Wahlvorschläge sind vom Wahlvorstand umgehend zu prüfen und etwaige Mängel sind möglichst zu beseitigen. Ungültig sind beispielsweise Vorschlagslisten im Rahmen einer Listenwahl, wenn keine Reihenfolge der Kandidaten zu erkennen ist. Bei einer Personenwahl wirkt sich dies dagegen nicht aus. Jeder Wahlberechtigte darf zudem nur einen Wahlvorschlag stützen und jeder Kandidat darf nur auf einem Wahlvorschlag vertreten sein.

 

Die gültigen Wahlvorschläge sind an geeigneter Stelle auszuhängen. Sollten fristgerecht keine Wahlvorschläge eingehen, ist im normalen Wahlverfahren eine Nachfrist zur Einreichung von Wahlvorschlägen zu setzen. Verstreicht diese Frist fruchtlos, hat der Wahlvorstand sofort bekannt zu geben, dass keine Wahl stattfindet. Im vereinfachten Wahlverfahren kann eine solche Frist nicht gesetzt werden. Der Wahlvorstand hat daher bereits dann mitzuteilen, dass eine Wahl nicht stattfindet, wenn eine Woche vor der Wahlversammlung keine Wahlvorschläge eingegangen sind.

6. Die Stimmabgabe

Die „eigentliche“ Wahl findet mit der Stimmabgabe auf der Wahlversammlung statt. Trotz des Begriffs der Wahlversammlung ist hierunter eine gewöhnliche Urnenwahl zu verstehen. In der im Wahlausschreiben angegebenen Zeit findet im dort ebenfalls anzugebenen Raum die persönliche Stimmabgabe statt. Dies erfolgt bei der Wahl 2022 nun erstmals nicht mehr mittels Stimmzetteln in Wahlumschlägen, sondern mittels Stimmzetteln, die so zu falten sind, dass die abgegebene Entscheidung nicht von außen sichtbar ist. Die Stimmabgabe erfolgt dabei insgesamt geheim. Insbesondere darf der Stimmzettel nicht mittels besonderer Markierungen für Dritte Rückschlüsse auf den Wähler geben. Das BAG hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass eine solche Nachvollziehbarkeit zum Beispiel bei einem Smiley neben der Stimme gegeben ist. Dies könnte als Zinken verwendet werden, um eine abgesprochene Stimmabgabe nachvollziehbar zu machen. Gleiches würde auch – so ausdrücklich das BAG – beispielsweise auch bei Verwendung einer besonders auffälligen Schriftfarbe ober anderen Besonderheiten gelten. Hier lohnt es sich also für den Arbeitgeber, bei der Auszählung besonders gründlich auf die Art der Stimmabgaben zu achten.

 

Neben der persönlichen Stimmabgabe lässt die Wahlordnung auch eine Art Briefwahl zu. Im normalen Wahlverfahren spricht man hierbei schlicht von „schriftlicher Stimmabgabe“. Diese ist zulässig für wahlberechtigte Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb an der persönlichen Stimmabgabe verhindert sind. Zum Zeitpunkt der Wahl im Betrieb anwesende Beschäftigte dürfen an der schriftlichen Stimmabgabe nicht teilnehmen; insbesondere ist eine Durchführung der Wahl als reine Briefwahl unzulässig.

 

Im Rahmen des vereinfachten Wahlverfahrens gelten ähnliche Regelungen, nur dass aufgrund der verkürzten Fristen in diesem Fall eine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe für alle Mitarbeiter möglich ist, die an der Wahlversammlung nicht teilnehmen können. Diese müssen diese Form der nachträglichen Stimmabgabe spätestens drei Tage vor dem Termin der Wahlversammlung dem Wahlvorstand mitteilen. Der Wahlvorstand hat in diesem Falle den Termin, bis zu welchem nachträglich schriftlich Stimmen abgegeben werden in derselben Form wie das Wahlausschreiben bekannt zu machen.

 

Gerade, da in der frisch geänderten Wahlordnung die Stimmabgabe erheblich umgestaltet wurde – vom Wahlumschlag zur Faltung des Stimmzettels –, ist durchaus damit zu rechnen, dass hier seitens des Wahlvorstands handwerkliche Fehler erfolgen. Der Arbeitgeber sollte somit sicherstellen, dass er den Ablauf der Stimmabgabe – persönlich wie auch schriftlich – genau im Auge hat.

7. Die Auszählung der abgegebenen Stimmen

Unverzüglich nach der Stimmabgabe bzw. nach Ablauf einer etwaigen Frist zur nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe sind die abgegebenen Stimmen vor der Betriebsöffentlichkeit auszuzählen. Arbeitnehmer und im Betrieb vertretene Gewerkschaften dürfen hierbei anwesend sein. Sollten per Briefwahl Wahlumschläge eingegangen sein, sind diese in die bis dahin versiegelte Urne einzuwerfen.

 

Der Wahlvorstand hat nun gemäß § 14 Abs. 1 WO die Aufgabe, die Stimmzettel auf ihre Gültigkeit zu prüfen und die auf jeden Wahlvorschlag entfallenden Stimmen zusammenzuzählen.
Eine Auszählung darf nicht erfolgen, wenn nicht der gesamte Wahlvorstand anwesend ist. Bei einer Wahl an mehreren Standorten ist es entsprechend erforderlich, alle Wahlurnen in ein zentrales Wahllokal zu transportieren und dort alle Stimmen unter Anwesenheit aller Mitglieder des Wahlvorstandes auszuzählen.

 

Stimmzettel sind ungültig und damit nicht zu berücksichtigen, sofern sie mit besonderen Merkmalen versehen sind oder ihnen der Wille des Wählers nicht unzweifelhaft zu entnehmen ist. Die Rechtsprechung betrachtet einen Stimmzettel bereits dann als ungültig, wenn auf diesen ein Smiley gezeichnet wurde oder die Kreuze in einer besonders auffälligen Farbe gesetzt wurden. Auch eine Unterschrift unter dem Stimmzettel führt zu dessen Ungültigkeit. Insbesondere bei knappen Wahlergebnissen kann eine fehlerhafte (Nicht-)Berücksichtigung von Stimmzetteln zur Anfechtbarkeit der gesamten Wahl führen.

 

Feststellung des Wahlergebnisses
Nachdem die Stimmen ausgezählt wurden, erfolgt unverzüglich die Feststellung des vorläufigen Wahlergebnisses. Hierbei ist zunächst nach den Grundsätzen der Verhältniswahl („d’Hondtsches Höchstzahlverfahren“) das Minderheitengeschlecht im Betrieb zu ermitteln. Wie die Rechtsprechung mit dem Fall umgehen wird, dass das „dritte Geschlecht“ das Minderheitengeschlecht im Betrieb darstellt, bleibt abzuwarten. Bei einer strikten Betrachtung des Wortlauts von § 15 Abs. 5 BetrVG würde das am zweitwenigsten vertretene Geschlecht im Betrieb gänzlich unberücksichtigt bleiben. Dies dürfte vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein.

 

Im Übrigen variiert die Feststellung des Wahlergebnisses in Abhängigkeit von der Art des Wahlverfahrens. Bei der Personenwahl werden die gewählten Kandidaten nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl ermittelt. Entscheidend ist, wer die meisten Stimmen erhalten hat. Bei einem fünfköpfigen Betriebsratsgremium gelten also unter Berücksichtigung des Minderheitengeschlechts die fünf Kandidaten mit den meisten Stimmen als gewählt. Die übrigen Kandidaten sind, sofern sie mindestens eine Stimme erhalten haben, sogenannte „Ersatzmitglieder“, die erst bei Verhinderung der ordentlichen Betriebsratsmitglieder zum Einsatz kommen.

 

Bei der Listenwahl kommen wiederum die Grundsätze zur Verhältniswahl zur Anwendung. Dabei werden die Stimmenzahlen der einzelnen Listen gegenübergestellt und jeweils durch eins, durch zwei, durch drei usw. (bis zur Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder) geteilt. Die ermittelten Teilzahlen werden für jede Liste untereinander aufgeführt. Anschließend sind aus diesen Teilzahlen so viele Höchstzahlen zu ermitteln, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Bei einem siebenköpfigen Betriebsratsgremium sind also die sieben höchsten Teilzahlen zu ermitteln. Die Listen erhalten Betriebsratssitze in Abhängigkeit von der Anzahl der hierbei erzielten Höchstzahlen. Welche Kandidaten in den Betriebsrat einziehen, hängt von deren Reihenfolge auf der Liste ab. Das Minderheitengeschlecht ist auch hier zu berücksichtigen. Listenkandidaten, die nicht in den Betriebsrat gewählt wurden, sind Ersatzmitglieder.

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8. Die Benachrichtigung der Gewählten

Nach der Auszählung sind die gewählten Arbeitnehmer von ihrer Wahl zu benachrichtigen. Diese können daraufhin innerhalb von drei Arbeitstagen nach Zugang der Benachrichtigung dem Wahlvorstand mitteilen, dass sie die Wahl ablehnen. Erfolgt dies nicht, so gilt die Wahl als angenommen. Wird die Wahl abgelehnt, so regelt das Gesetz je nach anwendbarem Wahlverfahren, welche Beschäftigten statt diesem Arbeitnehmer nachrücken. Im Rahmen der Listenwahl ist dies die Person derselben Liste, welche unter dem eigentlich gewählten Arbeitnehmer aufgeführt ist. Bei der Mehrheitswahl ist es die Person, die die nächsthöchste Stimmenanzahl erhalten hat. Im Rahmen des normalen Wahlverfahrens bestehen dabei Reglungen, die verhindern sollen, dass das Minderheitengeschlecht weniger Sitze erhält als ihm eigentlich zusteht. Im vereinfachten Wahlverfahren besteht eine derartige Regelung nicht. Hier rückt schlicht die Person mit der nächsthöchsten Stimmenanzahl nach.

 

Eine in der Praxis seltene – aber vorkommende – Frage ist der Umgang mit einer Situation, in welcher derart viele gewählte die Wahl ablehnen, dass nicht mehr ausreichend Gewählte vorhanden sind, um die gesetzlich erforderliche Anzahl an Betriebsratsmitgliedern zu erreichen. Hier spricht sich die wohl herrschende Meinung dafür aus, die Betriebsratsgröße auf die gesetzlich passende Größe zu verringern. Bleiben bei einem fünfköpfigen Betriebsrat also nur noch vier Gewählte insgesamt übrig, so würde ein Betriebsrat mit drei Mitgliedern zustande kommen. Sicher ist dies jedoch nicht. Auch eine Auflösung des Betriebsrats – wie bei einem Absinken der Mitgliederanzahl nach der konstituierenden Sitzung – mag hier in Betracht kommen. Rechtsstreitigkeiten sind in einem solchen Fall somit vorprogrammiert.

9. Die Bekanntmachung der Wahlergebnisse

Sobald die Frist zur Ablehnung der Wahl abgelaufen ist bzw. alle Gewählten die Wahl ausdrücklich angenommen haben, ist das Wahlergebnis bekanntzumachen. Die Bekanntmachung erfolgt in gleicher Weise wie das Wahlausschreiben. Grundsätzlich muss also eine Liste der gewählten Betriebsratsmitglieder an allen Stellen ausgehängt werden, an denen das Wahlausschreiben aushing. Sofern das Wahlausschreiben überdies elektronisch veröffentlicht wurde, beispielsweise im Intranet, ist auch das Wahlergebnis auf diese Art bekannt zu geben.
Die Bekanntmachung ist vom Wahlvorstandsvorsitzenden und mindestens einem weiteren Wahlvorstandsmitglied zu unterzeichnen und in gut lesbarem Zustand zu erhalten. Sie muss für mindestens zwei Wochen ausgehängt werden.

 

Ob zusätzlich auch die Wahlniederschrift veröffentlich wird, steht im Ermessen des Wahlvorstandes. In jedem Fall hat er aber eine Abschrift an den Arbeitgeber und etwaige im Betrieb vertretene Gewerkschaften zu übersenden. Die Bekanntmachung der Wahlergebnisse setzt die zweiwöchige Frist zur Anfechtung der Wahl nach § 19 BetrVG in Gang.

10. Anfechtung, Nichtigkeit und Abbruch der Wahl

Eine Betriebsratswahl kann gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde. Zusätzlich setzt eine Anfechtung voraus, dass ein Verstoß nicht rechtzeitig korrigiert wurde und dieser zumindest geeignet ist, das Wahlergebnis zu ändern oder zu beeinflussen.
Die Wahlanfechtung erfolgt über einen entsprechenden Antrag beim jeweils zuständigen Arbeitsgericht. Hierzu berechtigt sind Gruppen von mindestens drei Wahlberechtigten, im Betrieb vertretene Gewerkschaften und der Arbeitgeber. Ziel der Anfechtung ist es, die Wahl für unwirksam erklären zu lassen. Mit dem Zeitpunkt, in welchem der gerichtliche Beschluss in Rechtskraft erwächst, verliert der bis fehlerhaft gewählte Betriebsrat seine Stellung. Die Wahlanfechtung wirkt sich jedoch nicht auf bereits gefasste Beschlüsse des Betriebsrates oder abgeschlossene Betriebsvereinbarungen aus. Diese bleiben weiterhin wirksam.

 

Die mit einer Wahlanfechtung angegriffenen Fehlen können vielfältig sein. Eine abschließende Aufzählung aller Anfechtungsgründe ist daher kaum möglich.
Gegenstand der Anfechtung können – rein beispielhaft – fehlerhafte Wählerlisten sein. In der Praxis führt insbesondere die fehlerhafte Einordnung von leitenden Angestellten als Arbeitnehmer zu Wahlanfechtungen. Nach den Neuerungen durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz gemäß § 19 Abs. 3 S. 3 BetrVG ist eine Wahlanfechtung aber ausgeschlossen, sofern die Fehler der Wählerliste auf Informationen beruhen, die der Arbeitgeber selbst zur Verfügung gestellt hat. Eine Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist zudem ausgeschlossen, wenn diese ihre Möglichkeit zum Einspruch gegen die Wählerliste nicht ordnungsgemäß genutzt haben.

 

In der anstehenden Betriebsratswahl 2022 sind zudem Wahlanfechtungen wegen Fehlern im Wahlausschreiben zu erwarten. Seit dem Sommer 2021 konnten wir fast ausnahmslos beobachten, dass die von den Initiatoren einer Betriebsratswahl verwendeten Wahlausschreiben weiterhin auf die alte Rechtslage abstellen und damit die Abläufe der Betriebsratswahl schlicht falsch darstellen. Insbesondere treten häufig Fehler bezüglich der erforderlichen Stützunterschriften auf. Auch durch die kürzlich erfolgte Änderung der Wahlordnung werden fast schon zwangsläufig Fehler auftreten. Ob diese tatsächlich zur Anfechtung der Wahl berechtigen, ist jeweils im Einzelfall zu klären.

Kommt eine Wahlanfechtung in Betracht, muss stets auch die Dauer berücksichtigt werden, die ein entsprechendes Verfahren in Anspruch nimmt. Regelmäßig dauern Wahlanfechtungs-verfahren, die über drei Instanzen betrieben werden, über drei Jahre – das BAG hat diverse Entscheidungen zur Anfechtung der Wahlen aus dem Jahr 2018 im Frühjahr 2021 getroffen. Das bedeutet, dass der Betriebsrat sein Amt durch rechtskräftigen Beschluss erst kurz vor den ohnehin nach vier Jahren anstehenden regelmäßigen Betriebsratswahlen verliert. Die Kosten des Verfahrens trägt Arbeitgeber, unabhängig davon, ob er mit seinem Antrag Erfolg hat.

 

Von der Anfechtbarkeit einer Wahl ist ihre Nichtigkeit abzugrenzen. Die Nichtigkeit einer Wahl hat für den Betriebsrat weitaus größere Folgen. So verliert er mit Rechtskraft des Beschlusses zum einen sein Mandat. Zum anderen entfaltet die gerichtliche Entscheidung eine Rückwirkung auf bereits getroffene Handlungen. Der Betriebsrat wird so gestellt, als hätte er nie bestanden. Sämtliche Beschlüsse und Betriebsvereinbarungen, die der Betriebsrat getroffen hat, werden unwirksam. Gleichzeitig verliert er die Möglichkeit, vorzeitig zurückzutreten, um einen neuen Wahlvorstand zu bestellen. Der Betrieb ist fortan betriebsratslos. Sofern kein Gesamt- oder Konzernbetriebsrat besteht, erfolgt eine Betriebsratsneugründung im zweistufigen Verfahren.
Um diese drastischen Folgen zu vermeiden, ist eine Nichtigkeit der Betriebsratswahl nur in besonderen Ausnahmefällen gegeben. Erforderlich sind hier offensichtliche und grobe Verstöße gegen das Wahlrecht. Die Wahl darf laut der Rechtsprechung nicht einmal mehr den Anschein einer ordnungsgemäßen Betriebsratswahl erwecken. Ihr muss die Nichtigkeit quasi „auf der Stirn stehen“.
Nichtige Betriebsratswahlen können zum Beispiel gegeben sein, wenn die Wahl ohne Wahlvorstand durchgeführt wurde, wenn ein Betriebsrat ohne Wahl von einer Gewerkschaft bestimmt wird oder auch wenn per Handzeichen und damit entgegen des Grundsatzes der geheimen Wahl ein Betriebsrat gewählt wurde.

 

Sollten derart gravierende Verstöße, die zur voraussichtlichen Nichtigkeit der Betriebsratswahl führen würden, bereits während der Betriebsratswahl auffallen, kann im Rahmen einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht der Abbruch der Wahl beantragt werden. Der Arbeitgeber muss gerade nicht dulden, dass in seinem Betrieb nichtige Wahlen durchgeführt werden. Eine bloße Anfechtbarkeit der Wahl genügt dagegen nicht. Aufgrund dieser hohen Hürden ist ein erfolgreicher Wahlabbruch nur in Ausnahmefällen möglich. Da auch bei einer nachträglichen Nichtigkeitsfeststellung die Instanzen durchlaufen werden können und somit erhebliche Zeit ins Land geht, sollte der Arbeitgeber bei einer möglichen Nichtigkeit die einstweilige Verfügung aber stets besonders im Auge haben. Sie ist mit Abstand die günstigste Variante, gegen eine rechtswidrige Wahl vorzugehen. Zudem wird eine wegen zu erwartender Nichtigkeit abgebrochene Wahl auch im Betrieb kein gutes Licht, zumindest auf den Wahlvorstand, werfen.

Zusatzinformation: Wahlwerbung durch den Arbeitgeber – Keine strenge Neutralitätspflicht

Lange Zeit sind Rechtsprechung und die herrschende Literatur davon ausgegangen, dass der Arbeitgeber sich im Wahlkampf neutral zu verhalten hat. Äußerungen für bestimmte Listen oder gegen bestimmte Kandidaten waren demnach nicht zulässig. Dies hat das BAG schließlich jedoch deutlich anders gesehen. Demnach seien dem Arbeitgeber zunächst einmal nur Behinderungen der Wahl durch Drohungen mit Nachteilen oder Versprechung von Vorteilen verboten. Bloße Meinungsäußerungen über Kandidaten seien hierunter jedoch nicht zu fassen.
In der BAG-Entscheidung hatte ein Vertreter des Arbeitgebers vor Teilen der Belegschaft mitgeteilt, dass er jede Stimme für die amtierende Betriebsratsvorsitzende für „Verrat“ halten würde und die Arbeitnehmer auffordere, eine „gescheite“ Gegenliste zusammenzustellen. Beide Aussagen hat das BAG – im Gegensatz zu den Vorinstanzen – für zulässig gehalten. Ob ein solches Vorgehen im Hinblick auf eine umgekehrte Psychologie strategisch letztlich ratsam ist, ist natürlich eine andere Frage.

 

Für Arbeitgeber bedeutet dies aber zumindest, dass Mitarbeiter zur Kandidatur angesprochen werden können und auch deutlich die Präferenzen für bestimmte Kandidaten mitgeteilt werden können. Hierbei sollte aber niemals darauf verwiesen werden, dass nur mit bestimmten Kandidaten vorteilhafte Betriebsvereinbarungen denkbar seien; dies wäre wiederum das Versprechen eines Vorteils und somit sogar strafbar.

 

Allerdings darf der Arbeitgeber keine Liste auf irgendeine Art finanziell bevorzugen oder benachteiligen – also zum Beispiel Werbemittel stellen, die andere Listen nicht erhalten oder nur bestimmten Listen den Versand von Wahlwerbung über das interne E-Mail-System erlauben. Dies würde eine Benachteiligung der anderen Listen über die bloße Meinungsäußerung des Arbeitgebers hinaus bedeuten und wäre nach § 119 Betriebsverfassungsgesetz strafbar.

 

Dennoch sollten sich Arbeitgeber bei einer bevorstehenden Betriebsratswahl nicht in jedem Fall zurückziehen und die Wahl „über sich ergehen lassen“. Hier besteht durchaus die Möglichkeit, durch Motivation von interessierten Mitarbeitern und Unterstützung bestimmte Kandidaten einen Betriebsrat zu erhalten, mit dem zumindest ein vernünftiges Verhandeln möglich ist – was bei vielen Betriebsräten leider nicht der Fall ist. Inwiefern dies sinnvoll ist, sollte jeder Arbeitgeber vor der Wahl prüfen.

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