Ihre Anwälte für Arbeitsrecht: Wittig Ünalp

Urteile

Auf unserer Website fassen wir regelmäßig die wichtigsten Urteile aus dem Arbeitsrecht für Sie zusammen. Als Kanzlei für Arbeitsrecht mit über 25 Jahren Erfahrung sind wir Experten in diesem Bereich. Fragen? Dann nehmen Sie jetzt Kontakt zu uns auf!

Sie benötigen Unterstützung im Arbeitsrecht?

Der Preis für flinke Frauenhände

Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 13.12.2022, 7 Sa 168/22

Seine vermeintlich großen Männerhände standen einem Bewerber im Weg, der sich auf eine offene Stelle bei einem Modellhersteller bewarb.

Der Fall

Die Beklagte produziert und vertreibt Modelle von PKW, LKW und öffentlichen Verkehrsmitteln im Maßstab 1:87 mit 100 bis 150 Einzelteilen. In einer Stellenausschreibung schrieb sie die Stelle eines Bestückers für Digitaldruckmaschinen aus. Die in der Ausschreibung genannten Teile sind sehr klein und müssen teilweise bei der Montage der Modelle mithilfe von Pinzetten positioniert werden.

Der Kläger bewarb sich auf die Stelle, erhielt jedoch noch am selben Tag eine Absage:

 „Sehr geehrter Herr (…),

vielen Dank für Ihre Bewerbungsunterlagen.

Unsere sehr kleinen, filigranen Teile sind eher etwas für flinke Frauenhände.

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass Sie für diese Stelle nicht in Frage kommen.

Ich wünsche Ihnen für Ihren weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute.“

Der Kläger erhob beim Arbeitsgericht Nürnberg Klage und die Zahlung einer angemessenen Entschädigung, deren Höhe er in das Ermessen des Gerichtes stellte, mindestens jedoch € 8.000,00 brutto.

Nachdem das Arbeitsgericht Nürnberg der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von € 3.300,00 brutto verurteilt hatte, legte diese Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg ein.

Das Urteil

Das Landesarbeitsgericht reduzierte zwar die Höhe des Entschädigungsanspruches des Klägers auf „nur“ € 2.500,00. Im Übrigen bestätigte es jedoch das erstinstanzliche Urteil.

Das Landesarbeitsgericht unterstelle dabei sogar zugunsten der Beklagten und gegen den eindeutigen Wortlaut des Absageschreibens, dass das Absageschreiben selbst den Kläger noch nicht unmittelbar wegen seines Geschlechts diskriminiert habe. Die Beklagte hatte nämlich argumentiert, mit der Formulierung mit den „flinken Frauenhänden“ sei es lediglich darum gegangen, die Bedeutung kleiner Hände und feingliedriger Finger für die ausgeschriebene Stelle zu verdeutlichen. Dennoch stelle das Absageschreiben jedenfalls ein Indiz für eine Diskriminierung wegen des Geschlechts dar.

Im Ergebnis hätte die Beklagte daher darlegen und beweisen müssen, dass keine Benachteiligung wegen des Geschlechts stattgefunden habe. Aus Sicht des Landesarbeitsgerichtes hatte die Beklagte hierzu nicht ausreichend vorgetragen, sodass nicht einmal Beweise hatten erhoben werden müssen:

„Die Beklagte macht geltend, bei der Internetrecherche über den Kläger auf Bilder gestoßen zu sein, die auch seine Hände zeigen würden. Daraus lässt sich jedoch nichts zur Fingerfertigkeit des Klägers ableiten (…).“

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes ist aus unserer Sicht vollkommen korrekt. Die Beklagte hat sich nämlich um Kopf und Kragen geredet. Nicht nur hätte das Absageschreiben nie so formuliert werden dürfen, dass der Beklagten eine Diskriminierung wegen des Geschlechts unterstellt werden kann. Auch im Nachgang hat die Beklagte ihre Situation durch ihr weiteres Verhalten lediglich verschlimmert. Sie hat nämlich selbst vorgetragen, dass sie den Kläger nur zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte, weil dieser androhte, eine Entschädigungszahlung geltend zu machen. Das Landesarbeitsgericht stellte hierzu fest:

„Die Einladung zum Vorstellungsgespräch durch die Beklagte erscheint vor diesem Hintergrund eher der Vermeidung einer Entschädigungsklage geschuldet, nicht einem ehrlichen Interesse an der Arbeitskraft des Klägers.“

Die wichtigsten Informationen – von dem Bewerbungsverfahren bis hin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses – haben wir in unserem Ratgeber für Sie zusammengestellt. In unserer Urteilsdatenbank finden Sie darüber hinaus weitere spannende Urteile zum Thema Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz.

Logo mit Schriftzug

Sie benötigen Unterstützung im Arbeitsrecht?

Rufen Sie uns an, schreiben Sie uns eine E-Mail, nutzen Sie unser Kontaktformular oder vereinbaren Sie einen Termin mit uns. Wir helfen – sofort!

Kontakt
Wittig Ünalp: Fachanwälte für Arbeitsrecht

Wittig Ünalp Nord Rechtsanwaltsgesellschaft mbH // Impressum // Datenschutz

Wittig Ünalp Nord Rechtsanwalts-GmbH
Impressum // Datenschutz

[code_snippet id=6]
envelopephone-handsetcrossmenuchevron-downarrow-uparrow-down