Die Liste der an die Arbeitnehmer*innen zu überlassenden Vertragsinhalte wurde um solche Punkte ergänzt, die bislang wohl noch in keinem Vertrag enthalten waren, wie etwa der Hinweis auf die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage.
Arbeitgeber*innen müssen sich wieder mal neuen Anforderungen stellen und an Ihre Arbeitsverträge ran bzw. die wesentlichen Vertragsbedingungen Ihren Arbeitnehmer*innen mitteilen. Schon zum 01.08.2022 treten die neuen Verpflichtungen für Arbeitgeber*innen in Kraft.
Für die einen bedeutet es wieder neue Anforderungen und Verwaltung und für andere könnte es eine Gelegenheit sein, neu formulierte Arbeitsverträge unter die Leute zu bringen.
1. Es tut uns sehr leid, Ihnen in Zeiten der Digitalisierung folgendes mitteilen zu müssen:
Die Vertragsinhalte müssen Sie schriftlich überlassen, also mit „nasser Tinte“ per Hand unterschrieben! Es bedarf eines im Original unterschriebenen Dokuments-Kopien, E-Mails oder elektronisch unterzeichnete Dokumente reichen nicht aus. Technologischer Fortschritt geht anders. Lassen Sie gleich Ihre Arbeitsverträge unterschreiben, soweit es möglich ist, sonst müssen Sie später die Vertragsbedingungen noch mal schriftlich mitteilen und damit alles wiederholen.
2. Für die Aushändigung der Vertragsbedingungen an die Arbeitnehmer*innen wird das Nachweisgesetz nun drei (!) unterschiedliche Fristen enthalten:
a) Spätestens am ersten Arbeitstag müssen den Arbeitnehmer*innen folgende Vertragsbedingungen schriftlich vorliegen:
b) Spätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Vertragsbeginn sind den Arbeitnehmer*innen folgende Vertragsbedingungen schriftlich auszuhändigen:
c.) Alle übrigen Vertragsbedingungen müssen den Arbeitnehmer*innen – wie bisher üblich – erst einen Monat nach vereinbarten Vertragsbeginn schriftlich ausgehändigt werden:
Bisher galten die Vorgaben des Nachweisgesetztes in der Praxis als „zahnloser Tiger“. Nun hat mit dem neuen § 4 NachwG allerdings eine neue Bußgeldvorschrift Einzug erhalten. Arbeitgeber*innen, die die Vertragsbedingungen nicht schriftlich, unvollständig oder verspätet aushändigen, droht nun eine Geldbuße bis € 2.000,00.
Zudem werden die Gerichte zu klären haben, ob Schadensersatzansprüche bestehen, wenn etwa Arbeitnehmer*innen nicht auf die Klagefrist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage hingewiesen wurden und diese dann keine beziehungsweise verspätet Klage erheben.
Wie Sie die Vorgaben umsetzen und Bußgelder vermeiden können:
Arbeitsverträge müssen nicht schriftlich unterzeichnet werden. Viele von Ihnen werden Arbeitsverträge schon digitalisiert haben und elektronisch signieren. Irgendjemand muss sich dann aber später hinsetzten und die Vertragsbedingungen handschriftlich unterzeichnen und dem Arbeitnehmer aushändigen.
Empfehlenswert dürfte sein, die Arbeitsverträge anzupassen, zu ergänzen und schriftlich von beiden Parteien zu unterzeichnen.
Was gilt für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 01.08.2022 bereits bestanden?
Für Arbeitsverhältnisse, die bereits vor dem 01.08.2022 bestanden haben, gilt, dass die Vertragsinhalte zu den obigen ersten zehn Spiegelstriche spätestens am siebten Tag nach entsprechender Aufforderung schriftlich an die Arbeitnehmer*innen auszuhändigen sind. Die Vertragsinhalte zu den übrigen Spiegelstrichen sind dann spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung auszuhändigen.
Achtung: Für Verträge, die bereits vor dem 01.08.2022 geschlossen wurden, bei denen die Arbeitsverhältnisse aber erst ab dem 01.08.2022 beginnen, gelten die zuvor genannten (kürzeren) Fristen!
Bei den Bestandsarbeitsverträgen, in denen ohnehin bereits die meisten der obigen Angaben enthalten sind, kann es sich anbieten, anstelle des Abschlusses von Änderungsverträgen den Arbeitnehmer*innen ein vorbereitetes Hinweis-/Informationsschreiben zu überlassen, in dem die nun durch die Gesetzesänderung neu anzugebenden Vertragsinhalte dargestellt werden. Zudem empfehlen wir, den Arbeitnehmer*innen zuvorzukommen und nicht die Aufforderung abzuwarten, sondern direkt das Hinweis-/Informationsschreiben zu überreichen.
Anmerkung: Die Anpassung der Arbeitsverträge übernehmen wir natürlich im Rahmen der vereinbarten Pflege Ihrer Verträge.
Eine Änderung betrifft die Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen. Zukünftig darf die Probezeit nur noch „im Verhältnis zur Dauer der Beschäftigung“ und der „Art der Tätigkeit“ stehen. Leider entstehen durch diese unkonkrete Formulierung wieder weitere Fragen:
Welche Probezeitdauer ist denn dann bei einer einjährigen Befristung zulässig? Was passiert, wenn eine zu lange Probezeit vereinbart wurde? Wird auch die Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes dann verkürzt?
Bezüglich der Dauer der Probezeit wird es keine allgemeingültige Antwort geben. Falls die Probezeit zu lang vereinbart wurde, könnte sie als unwirksam erachtet werden. Rechtsfolge wäre dann auf jeden Fall eine verlängerte Kündigungsfrist. Die Möglichkeit der Kündigung neben der Befristung muss explizit vereinbart werden. Wurde sonst keine Kündigungsfrist vereinbart, wären das die gesetzlichen vier Wochen. Davon, dass die Arbeitnehmer in den ersten sechs Monaten auch Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutz erhalten, gehen wir derzeit nicht aus. Wir halten Sie über die Rechtsprechung über die aufgeworfenen Fragen auf dem Laufenden.
Außerdem sind Arbeitgeber*innen bei Teilzeit- und befristeten Arbeitsverhältnissen zukünftig verpflichtet, Arbeitnehmer*innen, die in Textform einen Wunsch nach Veränderung der Arbeitszeit oder nach einem unbefristeten Arbeitsverhältnis angezeigt haben, eine begründete Antwort zu übermitteln. Diese Pflicht zur begründeten Antwort gilt gegenüber Arbeitnehmer*innen, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat.
Etwaige Folgen eines Verstoßes für Arbeitgeber*innen sind durch den Gesetzgeber nicht geregelt worden. Welche konkreten Folgen eine Verletzung dieser Pflicht hat, wird sich daher erst durch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zeigen. Diese Begründung bindet Arbeitgeber dann natürlich bei einem späteren Rechtsstreit. Es wäre zu empfehlen, den Arbeitnehmer*innen keine Angriffsfläche für weitere Ansprüche zu bieten und leichtfertig eine kurze Antwort zu geben.
Was treibt Mitarbeiter*innen wirklich an? Geld oder Leben? Motivierte Mitarbeitende kommen gerne in die Arbeit, arbeiten und treffen sich gerne mit Kolleg*innen, kümmern sich gerne um Kunden, die daraufhin gerne wiederkommen, was in der Konsequenz dann zu mehr Umsatz führt. Mehr ist es eigentlich nicht.
Und dennoch zeigen Studien zum Thema Mitarbeitermotivation, dass durchschnittlich weniger als 20 % der Mitarbeitenden ihre Arbeit motiviert erbringen. Negativ formuliert bedeutet das, dass 80 % der Mitarbeiter*innen Dienst nach Vorschrift machen, also nur das allernötigste, was Arbeitskolleg*innen spüren und natürlich auch die Kunden. Kundenbindung geht anders!
Nicht motivierte Mitarbeiter*innen zu motivieren, dürfte schwierig werden, wenn dies überhaupt möglich ist. Von diesen Mitarbeitenden könnte man sich gegebenenfalls trennen, was auch für den/die Mitarbeiter*in gegebenenfalls das Beste sein könnte.
Motivierte Mitarbeiter*innen sollten motiviert gehalten werden, was sicherlich individuell durch eine Summe von Anreizen geschehen muss, wie zum Beispiel durch Lob/Anerkennung, Fortbildungen, eigenverantwortliches Arbeiten, Sportmöglichkeiten etc. Dabei spielt das Thema Vergütung eine besondere Rolle, da es zum einen die Existenzgrundlage darstellt, jedoch auch Wertschätzung, also einen inneren Impuls bedeutet.
Wir möchten das Thema Mitarbeitermotivation unter den verschiedenen Aspekten, insbesondere Vergütungsmodelle und Gestaltungsmöglichkeiten durchleuchten. Falls Sie möchten, freuen wir uns natürlich auch über ihre Erfahrungen zum Thema Mitarbeitermotivation und Lohn.
„Das private Telefonieren am Arbeitsplatz während der Arbeitszeit kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen“, würde ein Jurist formulieren. Entscheidend wird aber sein, wie das in den Betrieben gelebt wird, was vereinbart ist, ob es erlaubt oder geduldet ist, wie lange das Arbeitsverhältnis besteht, ob das alle so machen etc.
Bis vor Kurzem telefonierte man noch heimlich, da es jedem bewusst war, dass privates Telefonieren einen erheblichen Pflichtverstoß bedeutete, abgemahnt werden konnte oder sogar zu einer fristlosen Kündigung führen konnte. Heute kommt der Einwand, es sei nur eine kurze Unterbrechung gewesen, es seien keine Kosten angefallen und außerdem würden das ja alle machen, auf jeden Fall sei es geduldet. Und an diese Rechtfertigungsgründe glauben Arbeitnehmende und mittlerweile auch Arbeitgebende. Die Nutzung des eigenen Handys statt des Firmentelefons lässt das Unrechtsbewusstsein immer mehr schwinden. Die Handys liegen offen auf dem Tisch und werden gerade so wieder hingelegt, wenn der/die Vorgesetzte reinkommt.
Der/Die Chef*in möchte nicht kleinlich sein, aber der tatsächliche Umfang ist für ihn/sie auch nicht mehr kontrollierbar.
Zugegeben, bei der Nutzung des privaten Smartphones während der Arbeit entstehen den Arbeitgeber*innen nicht noch wie in den Neunzigerjahren höhere Telefonkosten, dennoch handelt es sich in den meisten Fällen um arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen! Die unerlaubte Nutzung eines privaten Smartphones während der Arbeitszeit stellt einen Arbeitszeitbetrug, also auch eine Straftat zu Lasten des Arbeitgebenden dar. Arbeitnehmer*innen werden dafür vergütet, dass diese während der Arbeitszeit Arbeitsleistungen erbringen und nicht für das Betrachten und Liken von z. B. Katzenvideos.
In den meisten Fällen reagieren Arbeitnehmer*innen, welche auf die unerlaubte Privatnutzung angesprochen werden, mit der Aussage, dass der Vorgang nur einige Sekunden gedauert hätte und daher nicht so schlimm wäre. Aber ist das wirklich so? Nein, tatsächlich tritt der Sägezahneffekt ein. Jede Ablenkung stört unsere Konzentration. Diese lässt immer mehr nach und die Leistungsfähigkeit schwindet. Die Folgen der Ablenkungen sind eine höhere Fehlerquote und ein größerer Zeitaufwand für die Erledigung der eigentlichen Arbeitsaufgaben.
Wir empfehlen an dieser Stelle die generelle Untersagung der privaten Nutzung im Vertrag. Das ist die einfachste und übliche Regelung. Die übermäßige Nutzung des Handys ist sonst nicht kontrollierbar. Auch erwartet ein Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag nicht ernsthaft die Erlaubnis, während der Arbeitszeit privat telefonieren zu dürfen. An dieser Stelle hat man noch die Möglichkeit, eine klare Regelung zu treffen.
Ob verboten oder erlaubt, sollte die Nutzung, Art und Umfang am besten im Arbeitsvertrag eine Regelung finden. Falls erlaubt, in welchen Bereichen darf das Handy verwendet werden? Dürfen Ihre Arbeitnehmer*innen in diesem Fall auch auf Ihre Kosten ihre Endgeräte aufladen? Was ist mit dem Fotografieren und Filmen auf Ihrem Betriebsgelände, Ihren Produktionsstätten oder der Kolleg*innen? Wie sieht es mit der Sicherheit Ihrer betrieblichen Daten aus?
Wer sein privates Handy ohne Zustimmung oder Duldung an seinem Arbeitsplatz auflädt, begeht grundsätzlich einen „Stromdiebstahl“. Auch dies ist gemäß § 248c Strafgesetzbuch strafbar. Bezüglich diesem Punkt fehlt das Unrechtsbewusstsein auf beiden Seiten komplett.
Wer sein Smartphone ohne Zustimmung seines Gegenübers zum Aufnehmen von Gesprächen verwendet, verletzt letztlich immer das Persönlichkeitsrecht des/der Gesprächspartners*in. Insbesondere für das Aufnehmen von Personalgesprächen gibt es in fast allen Fällen keinen Entschuldigungs- oder Rechtfertigungsgrund auf Arbeitnehmerseite. Bei dem heimlichen Anfertigen von Tonaufnahmen handelt es sich ebenfalls um eine Straftat (§ 201 beziehungsweise § 201a Strafgesetzbuch).
Wer widerrechtlich sein Smartphone an die betriebliche Hardware anschließt, gefährdet nicht nur die Integrität des EDV-Systems (Gefahr von Viren- oder Wurmbefall), was für sich genommen bereits eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellen kann, sondern begeht meistens in diesem Zusammenhang auch weitere Datenschutzverstöße. So werden in vielen Fällen nach dem Anschluss des eigenen Handys personenbezogene oder betriebliche Daten, im schlimmsten Fall sogar Geschäftsgeheimnisse widerrechtlich kopiert.
Das Fotografieren oder Filmen von Kolleg*innen ohne deren Zustimmung stellt ein Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild und des Persönlichkeitsrechtes dar.
Wer sein Handy entgegen betrieblichen Vorgaben oder der Arbeitssicherheit in der Produktion verwendet, gefährdet häufig das Leben und die Gesundheit seiner Kolleg*innen sowie seiner selbst.
Die Liste der möglichen arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen oder der denkbaren Probleme im Betrieb, die auch bei der Erlaubnis der Nutzung privater Smartphones auftreten können, ließe sich zweifelsohne noch deutlich erweitern.
Sie als Arbeitgeber*innen sollten sich unserer Erfahrung nach im Klaren sein, ob Sie die Nutzung privater Endgeräte überhaupt gestatten wollen. Es gibt ebenso wie die hier geäußerten Bedenken auch viele Gründe, etwa die bereits zuvor in diesem Newsletter genannte Mitarbeitermotivation, die für eine Erlaubnis sprechen. Ihren Entschluss in diesen Punkt müssen Sie nachhaltig gegenüber Ihren Mitarbeiter*innen kommunizieren. Im besten Fall regeln Sie, – sofern vorhanden – auch mit dem Betriebsrat oder den Arbeitnehmer*innen einzeln, was wie wem in welchem Umfang gestattet ist.
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