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Anrechnung von Urlaubsansprüchen bei Doppelarbeitsverhältnissen

BAG, Urt. v. 20.11.2024 – 9 AZR 885/23

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat wichtige Grundsätze zur Anrechnung von Urlaubsansprüchen in Doppelarbeitsverhältnissen aufgestellt. Das Urteil klärt die Rechtslage für Arbeitnehmer, die nach einer rechtswidrigen Kündigung eine neue Beschäftigung aufgenommen haben.

Der Sachverhalt

Die Klägerin war seit 2014 als Fleischereifachverkäuferin bei der Beklagten angestellt. Nach einer fristlosen Kündigung durch die Beklagte am 23.12.2019 ging die Klägerin im Februar 2020 ein neues Arbeitsverhältnis ein. Der Kündigungsschutzklage wurde im September 2020 stattgegeben, sodass das ursprüngliche Arbeitsverhältnis bis Mai 2021 fortbestand (wurde durch einer neuerliche Kündigung des AG beendet).

In dieser Zeit erhielt die Klägerin von ihrem neuen Arbeitgeber Urlaub, forderte aber auch Abgeltung von Resturlaub aus dem ursprünglichen Arbeitsverhältnis. Sie machte geltend, dass der vom neuen Arbeitgeber gewährte Urlaub nicht auf ihren vertraglichen Mehrurlaub aus dem ersten Arbeitsverhältnis anzurechnen sei.

Das Urteil

Das BAG hat entschieden, dass Arbeitnehmer in Doppelarbeitsverhältnissen sowohl im alten als auch im neuen Arbeitsverhältnis Urlaubsansprüche erwerben können. Um eine doppelte Begünstigung zu vermeiden, sind Urlaubsansprüche jedoch kalenderjahresbezogen anzurechnen.

Wichtige Punkte der Entscheidung

  1. Urlaubsanspruch trotz Doppelarbeitsverhältnis:
    Arbeitnehmer erwerben grundsätzlich ungeminderte Urlaubsansprüche in beiden Arbeitsverhältnissen, selbst wenn die Pflichten aus beiden Verträgen nicht gleichzeitig erfüllbar sind.
  2. Anrechnung auf Urlaubsansprüche:
    Urlaubstage, die im neuen Arbeitsverhältnis gewährt werden, sind kalenderjahresbezogen auf den Anspruch aus dem alten Arbeitsverhältnis anzurechnen. Eine jahresübergreifende Gesamtbetrachtung, die etwa den Urlaub eines Jahres auf den Anspruch eines anderen Jahres anrechnet, ist unzulässig.
  3. Kein doppelter Mindesturlaub:
    Die Anrechnung soll sicherstellen, dass der gesetzliche Mindesturlaub von vier Wochen pro Jahr erhalten bleibt, ohne dass Doppelansprüche entstehen.
  4. Vertraglicher Mehrurlaub:
    Auch vertraglicher Mehrurlaub unterliegt dieser Anrechnung, sofern im Arbeitsvertrag keine abweichende Regelung getroffen wurde.
  5. Kausalität zwischen Kündigung und neuem Arbeitsverhältnis:
    Eine Anrechnung setzt voraus, dass das neue Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung des alten Arbeitgebers eingegangen wurde.
  6. Kalenderjahresbezogene Prüfung:
    Der Vergleich erfolgt abschnittsweise pro Kalenderjahr. Urlaub, der im neuen Arbeitsverhältnis gewährt wurde, kann nur den Anspruch aus dem gleichen Jahr im ursprünglichen Arbeitsverhältnis mindern.

Ergebnis des Verfahrens

Das BAG hob die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts teilweise auf und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung zurück. Insbesondere muss geprüft werden, wie der vom neuen Arbeitgeber gewährte Urlaub auf die Urlaubsansprüche der Klägerin aus 2021 angerechnet werden kann.

Hinweise für die Praxis

  1. Arbeitgeber sollten bei Kündigungen mit unklaren Folgen den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers genau prüfen, insbesondere im Hinblick auf mögliche neue Arbeitsverhältnisse.
  2. Anrechnung regeln: Arbeitsverträge sollten klare Regelungen enthalten, wie mit Urlaubsansprüchen umgegangen wird, wenn Arbeitnehmer in einem weiteren Arbeitsverhältnis Urlaub erhalten.
  3. Kalenderjahresbezogene Abrechnung: Urlaub sollte strikt jahresbezogen betrachtet werden, um eine rechtskonforme Anrechnung zu gewährleisten.
  4. Doppelansprüche vermeiden: Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass Arbeitnehmer nicht doppelt begünstigt werden, ohne dabei den gesetzlichen Mindesturlaub zu gefährden.

Das Urteil schafft Rechtssicherheit für Fälle, in denen Arbeitnehmer nach einer Kündigung neue Arbeitsverhältnisse eingehen. Es unterstreicht, dass bei Doppelarbeitsverhältnissen ein fairer Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber notwendig ist.

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