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Arbeitsunfähigkeit und Segelurlaub: Urteil zur Entgeltfortzahlung und Urlaubsabgeltung im Krankheitsfall

LAG Niedersachsen, Urt. v. 20.09.2024 – 5 Sa 157/23

Ein Außendienstmitarbeiter klagte auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsabgeltung und eine Zielerreichungsprämie. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts beleuchtet spannende Aspekte zu Beweislast, Arbeitsunfähigkeit und die Folgen ärztlicher Bescheinigungen.

Der Sachverhalt

Der Kläger, ein 50-jähriger Außendienstmitarbeiter, war seit dem 01.07.2020 bei der Beklagten beschäftigt. Im November 2022 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2023. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage, woraufhin die Beklagte die Kündigung im April 2023 zurücknahm.

Nach seiner Weiterbeschäftigung ab dem 20.04.2023 arbeitete der Kläger im Betrieb, bis es am 28.04.2023 zu einer Auseinandersetzung mit dem Geschäftsführer kam. Der Kläger wurde aufgefordert, eine Präsentation zu erstellen. Diese Präsentation sollte er nach dem Wochenende am 02.05.2023 vorlegen. Der Kläger teilte außerdem mit, dass er Anfang Juni 2023 einen Segelurlaub geplant habe, dessen Genehmigung die Beklagte jedoch verweigerte.

Am 02.05.2023 meldete sich der Kläger arbeitsunfähig krank. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde vorgelegt, die unter anderem den ICD-Code Z60 („Kontaktanlässe mit Bezug auf die soziale Umgebung“) enthielt. Die Krankschreibung wurde später bis zum 31.05.2023 verlängert, wobei eine Magenschleimhautentzündung (ICD-Code K29.7) hinzukam.

In einem Schreiben vom 09.05.2023 pochte der Kläger darauf, dass der Urlaub bereits im Vorjahr genehmigt worden sei, und forderte eine Bestätigung der Genehmigung. Kurz darauf kündigte er das Arbeitsverhältnis außerordentlich zum 31.05.2023 (also genau zu dem Tag, bis zu dem die AU Bescheinigung lief), und machte Ansprüche auf Urlaubsabgeltung, Entgeltfortzahlung und eine Zielerreichungsprämie geltend.

Anfang Juni 2023 trat der Kläger den Segelurlaub an. Dies wurde von der Beklagten als Beweis dafür angesehen, dass die geltend gemachten Krankheiten nicht glaubwürdig seien.

In erster Instanz sprach das Arbeitsgericht dem Kläger das Gehalt für Mai 2023 sowie die Urlaubsabgeltung zu, wies jedoch die Klage auf Zahlung der Zielerreichungsprämie ab. Gegen dieses Urteil legten beide Parteien Berufung ein.

Die Beklagte argumentierte, der Kläger habe die Krankschreibung genutzt, um den abgelehnten Segelurlaub durchzusetzen. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei erschüttert, da die angegebenen Erkrankungen nicht zu den beschriebenen Symptomen passten und zeitlich auffällig mit den Auseinandersetzungen um die Präsentation und den Urlaubswunsch zusammenfielen. Der Kläger hielt dagegen, dass die Krankschreibungen ordnungsgemäß ausgestellt worden seien und der Segelurlaub keine Beeinträchtigungen durch die Erkrankung bedingt habe.

Das Landesarbeitsgericht musste klären, ob der Kläger tatsächlich arbeitsunfähig war, ob die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Beweiswert besaßen und ob die weiteren Ansprüche begründet waren.

Das Urteil

Das Landesarbeitsgericht entschied zugunsten der Beklagten, was die Entgeltfortzahlung anging, und hob das erstinstanzliche Urteil in diesem Punkt auf. Gleichzeitig bestätigte es den Anspruch auf Urlaubsabgeltung und lehnte die Forderung nach einer Zielerreichungsprämie ab.

  1. Entgeltfortzahlung:
    Der Beweiswert der eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurde als erschüttert angesehen. Die Diskrepanz zwischen den angegebenen ICD-Codes, den vorgetragenen Symptomen und den Aktivitäten des Klägers – insbesondere dem Segelurlaub – ließ erhebliche Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit aufkommen.
  2. Urlaubsabgeltung:
    Der Kläger erhielt die Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.030,71 Euro brutto, da die Freistellung durch die Beklagte keine klare Anrechnung der Urlaubsansprüche vorsah.
  3. Zielerreichungsprämie:
    Es gab keine vertragliche Grundlage für die Zielerreichungsprämie, da das vom Kläger vorgelegte Dokument zur variablen Vergütung nicht Vertragsbestandteil war.

Hinweise für die Praxis

Wenn die Arbeitsunfähigkeit genauso lange dauert, wie dies Kündigungsfrist ist der hohe Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert. Im vorliegenden Fall umso mehr, als dass es bereits vorher eine Kündigungssituation gab und Auseinandersetzungen mit dem Geschäftsführer hinsichtlich der Erstellung der Präsentation.

Interessant ist auch, dass Urlaubsabgeltung für nicht genommenen Urlaub nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen war. Dass ist dem Umstand geschuldet gewesen, dass der Arbeitgeber nicht richtig agiert hat. Mit einer Freistellung können Urlaubsansprüche selbstverständlich erledigt werden, man muss es allerdings richtig formulieren.tgeber sind gut beraten, präventiv für klare Vorgaben und geregelte Kommunikationsprozesse zu sorgen.

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