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LAG Düsseldorf, Urt. v. 23.10.2023 – 6 Ca 1687/23
Ein Arbeitnehmer klagte auf die tariflich vereinbarte Inflationsausgleichsprämie, die ihm aufgrund seiner Passivphase in der Altersteilzeit verweigert wurde. Das Gericht bestätigte die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses und beleuchtete dabei insbesondere die Grenzen der Tarifautonomie und des Gleichbehandlungsgrundsatzes.
Der Kläger war seit 2015 als tariflich gebundener Arbeitnehmer tätig und befand sich seit Mai 2022 in der Passivphase der Altersteilzeit im Blockmodell. Im April 2023 einigten sich die Tarifparteien auf die Einführung einer Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro für aktive Beschäftigte. Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit wurden explizit von dieser Prämie ausgeschlossen.
Der Kläger argumentierte, dass dieser Ausschluss willkürlich und diskriminierend sei. Er machte geltend, dass auch er von den gestiegenen Verbraucherpreisen betroffen sei, zumal er während der Passivphase keine Vergünstigungen wie ein Jobticket oder subventionierte Mahlzeiten nutzen könne und erhöhte Energiekosten habe. Zudem sei der Ausschluss sachlich nicht gerechtfertigt, da die Prämie laut Tarifvertrag nicht arbeitsleistungsbezogen sei und auch Arbeitnehmer in Elternzeit oder einem Sabbatical die Prämie erhielten.
Die Beklagte entgegnete, dass der Ausschluss der Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit sachlich gerechtfertigt sei. Arbeitnehmer in der Passivphase bezögen lediglich das zuvor angesparte Wertguthaben aus ihrer Aktivphase und hätten keine aktive Arbeitsleistung mehr zu erbringen. Der Stichtag sei sachlich begründet, da die Prämie auch die aktuelle Arbeitsleistung und zukünftige Betriebstreue honorieren solle.
Das Arbeitsgericht Essen hatte die Klage des Klägers in erster Instanz abgewiesen.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies die Berufung des Klägers zurück.
1. Kein Anspruch aus dem Tarifvertrag:
Der Kläger sei nach dem klaren Wortlaut des Tarifvertrags von der Inflationsausgleichsprämie ausgeschlossen. Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit erfüllten nicht die Voraussetzung eines „nicht ruhenden Arbeitsverhältnisses“ am Stichtag (31.05.2023).
2. Kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG):
Die Tarifvertragsparteien hätten mit der Regelung die Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) ausgeübt. Der Ausschluss sei gerechtfertigt, da Arbeitnehmer in der Passivphase keine aktive Arbeitsleistung mehr erbrächten. Zudem sei die Prämie teilweise arbeitsleistungsbezogen, da sie an ein nicht ruhendes Arbeitsverhältnis am Stichtag anknüpfe. Die Ungleichbehandlung sei durch die spezifischen Bedingungen der Altersteilzeit im Blockmodell gerechtfertigt.
3. Kein Verstoß gegen das AGG:
Der Ausschluss benachteilige ältere Arbeitnehmer nicht in unzulässiger Weise. Zwar befänden sich vorwiegend ältere Arbeitnehmer in der Passivphase, doch sei die Differenzierung sachlich gerechtfertigt, da sie auf der Lage der Arbeitszeit beruhe und nicht direkt an das Alter anknüpfe.
4. Kein Verstoß gegen das TzBfG:
Die Regelung benachteilige Arbeitnehmer in der Passivphase auch nicht wegen Teilzeitarbeit. Der Ausschluss sei nicht an die reduzierte Arbeitszeit, sondern an die fehlende aktive Arbeitsleistung gebunden.
5. Kein Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz:
Die Beklagte habe keinen allgemeinen Anspruch für Arbeitnehmer in der Passivphase durch eine Gesamtzusage geschaffen. Die E-Mail an die Belegschaft habe lediglich informatorischen Charakter gehabt und keinen verbindlichen Leistungsanspruch begründet.
Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht eine weitergehende Klärung zu den rechtlichen Grenzen von Ausschlussregelungen in Tarifverträgen vornehmen wird.
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