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Urteil zur Entgeltbenachteiligung wegen Geschlechtsdiskriminierung

BAG, Urt. v. 16.02.2023 – Az.: 8 AZR 450/21

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem grundlegenden Urteil entschieden, dass eine Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts vermutet wird, wenn ein Arbeitgeber einem Beschäftigten eines Geschlechts ein niedrigeres Entgelt zahlt als einem Kollegen des anderen Geschlechts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Diese Vermutung kann nicht allein durch den Verweis auf die Vertragsfreiheit entkräftet werden.

Der Sachverhalt

Die Klägerin, Diplom-Kauffrau, war bei der Beklagten, einem Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie, im Außendienst tätig. Für die gleiche Tätigkeit erhielt ihr männlicher Kollege ein deutlich höheres Entgelt. Die Beklagte rechtfertigte dies mit Verhandlungen über die Einstiegsvergütung und einer geplanten Nachfolgeregelung für eine höher bezahlte Position.

Die Klägerin machte geltend, dass die Ungleichbehandlung eine Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts darstelle. Sie forderte die Zahlung der Differenzvergütung und eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Das BAG gab der Klägerin jedoch teilweise recht.

Das Urteil

1. Unmittelbare Entgeltbenachteiligung

Das BAG stellte fest, dass die Klägerin im Vergleich zu ihrem männlichen Kollegen für die gleiche Tätigkeit eine geringere Vergütung erhielt. Damit lag eine unmittelbare Entgeltbenachteiligung vor, die gemäß § 22 AGG eine Vermutung für geschlechtsbezogene Diskriminierung begründet. Sie erhielt nachträglich die gleiche Vergütung wie der Mann, immerhin pro Monat über 500 €.

2. Beweislastumkehr

Die Beklagte konnte die Vermutung der geschlechtsbezogenen Diskriminierung nicht widerlegen. Die Behauptung, das höhere Gehalt des Kollegen resultiere aus Vertragsverhandlungen und der angestrebten Nachfolge in eine höher dotierte Position, reichte nicht aus.

Das Gericht betonte, dass die Vertragsfreiheit keine Diskriminierung rechtfertigt, wenn keine objektiven Gründe für die Gehaltsunterschiede vorliegen. Die Beklagte konnte auch nicht nachweisen, dass die bessere Qualifikation oder Marktbedingungen eine höhere Vergütung des Kollegen erforderlich machten.

3. Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG

Das BAG sprach der Klägerin zusätzlich eine Entschädigung in Höhe von 2.000 Euro zu. Diese wurde als angemessen erachtet, um den erlittenen immateriellen Schaden auszugleichen und eine abschreckende Wirkung für zukünftige Diskriminierungsfälle zu erzielen.

Hinweise für die Praxis

1. Prüfung der Gehaltsstrukturen

Arbeitgeber sollten die Gehaltsstrukturen im Unternehmen regelmäßig überprüfen, um sicherzustellen, dass keine geschlechtsbezogenen Diskriminierungen vorliegen. Dies gilt insbesondere bei Gehaltsverhandlungen und bei Nachfolgeregelungen für Positionen.

2. Dokumentation objektiver Kriterien

Unterschiede in der Vergütung sollten auf objektiven, überprüfbaren Kriterien basieren, wie z. B. Qualifikationen, Erfahrung oder Marktbedingungen. Diese Gründe müssen klar dokumentiert und nachvollziehbar sein.

3. Vermeidung pauschaler Verweise auf Vertragsfreiheit

Der Verweis auf die Vertragsfreiheit allein reicht nicht aus, um Gehaltsunterschiede zu rechtfertigen. Arbeitgeber müssen belegen können, dass das Geschlecht nicht ursächlich für die Vergütungsunterschiede ist.

4. Entgelttransparenzgesetz beachten

Das Urteil betont die Bedeutung des Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG), das gleiche Bezahlung bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicherstellen soll. Arbeitnehmer haben das Recht, Informationen über die Gehaltsstruktur einzuholen.

Dieses Urteil ist ein starkes Signal für die Gleichstellung im Arbeitsrecht und mahnt Arbeitgeber, die Prinzipien der Lohngerechtigkeit und Antidiskriminierung strikt einzuhalten.

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