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Urteile

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Eine Frage – Zwei Rechtsauffassungen – Drei Urteile

Arbeitsgericht Bonn – 2 Ca 504/21

Landesarbeitsgericht Hamm – 5 Sa 1030/21

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg – 10 Sa 62/21

Handelt es sich noch um Urlaub, wenn man während des gewährten Urlaubs in Quarantäne muss? Oder müssen Arbeitgeber*innen den Urlaub nachgewähren? Bisher sind sich die Arbeits- und Landesarbeitsgerichte uneinig. Ein Über- und Ausblick:

Bereits vor einigen Monaten hatten wir über das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 07.07.2021 (2 Ca 504/21) berichtet. Das Arbeitsgericht Bonn hatte entschieden, dass der dortigen Klägerin, die während ihres Urlaub in Quarantäne musste, der für die Zeit der Quarantäne eingebrachte Urlaub nicht wieder gutgeschrieben und damit auch nicht nachgewährt werden muss. Die Voraussetzungen des § 9 BUrlG, die zu einer Nachgewährung des Urlaubs im Falle einer Arbeitsunfähigkeit führen, liegen bei einer Quarantäne nicht vor. Eine analoge Anwendung des § 9 BUrlG scheidet aus.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat am 27.01.2022 (5 Sa 1030/21) über die identische Rechtsfrage ein komplett gegenteiliges Urteil gefällt. Für die Richter*innen stand eine behördlich angeordnete Quarantäne einer selbstbestimmten Verwendung des Urlaubs entgegen.

Auch wenn eventuell einzelne Arbeitnehmer*innen ihren Urlaub ohnehin wie in Quarantäne verbringen, stellt diese Situation für Arbeitnehmer*innen grundsätzlich keine Erholung dar. Eine Quarantäne-Anordnung widerspricht nämlich dem wesentlichen Aspekt einer Urlaubsgewährung, die insbesondere darin besteht, die Urlaubsgestaltung frei zu bestimmen.

Vor diesem Hintergrund kam das Landesarbeitsgericht Hamm zu dem Ergebnis, dass § 9 BUrlG analog, also entsprechend, angewendet werden muss.

Im Ergebnis wurde der betroffene Arbeitgeber verurteilt, dem dortigen Kläger 8 Urlaubstage auf dessen Urlaubskonto wieder gutzuschreiben.

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg

Keinen Monat nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm hatte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg am 16.02.2022 (10 Sa 62/21) seinerseits über die identische Frage zu entscheiden. Die dortigen Richter*innen wiesen die Klage auf Nachgewährung von Urlaub jedoch ab.

Zur Begründung führte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg insbesondere an, dass keine Arbeitsunfähigkeit beim dortigen Kläger vorlag und eine behördlich angeordnete Quarantäne – entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Hamm – gerade keinen mit einer Arbeitsunfähigkeit vergleichbaren Sachverhalt darstellt.

Für eine analoge Anwendbarkeit des § 9 BUrlG fehle es bereits an einer für eine analoge Anwendung notwendigen „planwidrigen Regelungslücke“ im Gesetz. Aufgrund der klaren Systematik des Bundesurlaubsgesetzes bedarf es einer Ausnahmeregelung im Gesetz, die nicht gegeben sei.

Unerheblich war für das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg im Übrigen auch insbesondere, dass die Quarantäne des Klägers wegen des Kontakts mit infizierten Kolleg*innen am Arbeitsplatz erfolgt ist. Die Frage, ob ein Urlaubsanspruch erfüllt worden ist, sei hiervon ebenso unabhängig zu beantworten wie die Frage nach einem Verschulden.

Hinweise für die Praxis

Wir bleiben bei unserer Einschätzung, die wir schon im Rahmen unserer Urteilsbesprechung der Entscheidung des Arbeitsgerichtes Bonn darstellten: Aus unserer Sicht ist es zutreffend, eine Quarantäne und eine Arbeitsunfähigkeit während eines Urlaubs unterschiedlich zu bewerten.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat in seinem Urteil unzählige weitere Gerichtsentscheidungen zitiert, welche ebenso wie bereits das Arbeitsgericht Bonn eine Vergleichbarkeit zwischen Quarantäne und Arbeitsunfähigkeit abgelehnt haben. Der Wortlaut von § 9 BUrlG ist unmissverständlich, eine analoge Anwendung – wie vom Landesarbeitsgericht Hamm angenommen – scheidet aus. Wenn der Gesetzgeber dies anders einstufen würde, hätte er im Zuge der Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes auch das Bundesurlaubsgesetz angepasst.

Das Bundesarbeitsgericht wird über diese Rechtsfrage sicherlich im laufenden oder im kommenden Jahr entscheiden und insoweit für Klarheit sorgen.

Losgelöst von der juristischen Beantwortung der Frage konnte zuletzt festgestellt werden, dass sich das „Problem“ auf die tatsächliche Ebene verschoben hat. So hat sich die Quote der arbeitsunfähig erkrankten Mitarbeiter*innen in Quarantäne im Vergleich zu der Quote der ohne Arbeitsunfähigkeit in Quarantäne befindlichen Mitarbeiter*innen erhöht. Sofern eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, greift jedoch § 9 BUrlG direkt.

Weitere Informationen rund um die Arbeitsunfähigkeit von Arbeitnehmer*innen erhalten Sie in unserem „Ratgeber Arbeitsrecht zum Thema Arbeitsunfähigkeit“.


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