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LAG Bremen, Urteil vom 7.11.2023-1 SA 53/23
Eine Rechtsanwaltsfachangestellte (ReFa) gerät in den Verdacht, 50 € einer Kollegin gestohlen zu haben. Zudem soll sie sich bewusst mit dem Corona Virus infiziert haben.
Der Arbeitgeber, eine Anwaltskanzlei, überprüft den Kanzlei PC, auf dem WhatsApp mit dem privaten Chat-Verlauf der gekündigten ReFa installiert ist.
Das Arbeitsverhältnis wird mit fristloser Kündigung, übergeben am 26.10.2022, beendet.
Am gleichen Tag ruft die klagende ReFa eine Mitarbeiterin der Kanzlei an, um sich den Büroschlüssel zu leihen, damit sie einen 50 Euroschein im Arbeitsbereich der Kollegin, der die 50 € gestohlen worden waren, deponieren kann.
Die fristlose Kündigung wird vom LAG Bremen wegen des Diebstahls bestätigt. Das Gericht hat sich durch die Zeugenvernehmung überzeugt, dass die klagende Arbeitnehmerin die 50 € entwendet hat.
Und jetzt kommt das Wichtige:
Nicht zu berücksichtigen sei aber der Inhalt der WhatsApp Nachrichten, da diese einem Sachverwertungsverbot unterlägen (das bedeutet, dass man das, was man als Beweise auf dem PC bzw. bei WhatsApp gefunden hat, zwar kennt, aber als Gericht nicht berücksichtigen darf. Man weiß möglicherweise von einer Straftat oder von einer Arbeitsvertrags-Verletzung, darf es aber nicht kennen und darf diese Information daher beim Urteil nicht berücksichtigen. Hier geht der Schutz der Vertraulichkeit dem Recht (der Gerechtigkeit) vor. Ähnlich wäre es, wenn man Informationen durch Folter erfahren hätte - da ist jedem klar, dass man diese Informationen, selbst wenn sie richtig sind, nicht berücksichtigen darf, da man zu diesen Informationen nur gekommen ist, in dem man andere höherrangige Rechte verletzt hat).
Das bedeutet im vorliegenden Fall, dass der Arbeitgeber nach nur einem vagen Hinweis auf eine Straftat oder eine Pflichtverletzung (hier sich vorsätzlich mit Corona infiziert zu haben), sich nicht auf den Firmen PC einloggen, um die klar privaten Chat-Verläufe durchzusehen, um Beweise dafür zu finden.
Das durfte der Arbeitgeber selbst dann nicht, wenn die private Nutzung verboten worden sei.
Denn die Durchsicht der privaten WhatsApp Nachrichten stelle einen schwerwiegenden und nicht gerechtfertigten Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin dar (und dieser ist höher zu werten als die Klägerin zu überführen).
Im vorliegenden Fall führt der Datenschutz zur Tatenschutz. Das gilt zumindest für Bremen. Denn obwohl der Diebstahl durch die Mitarbeiterin bewiesen worden ist und damit auch die fristlose Kündigung klar durchgeht, hält es das LAG Bremen für angebracht, umfangreich zum Sachverwertungsverbot Ausführungen zu tätigen. Eine Begründung, warum es dem Arbeitgeber untersagt sein soll, seinen eigenen PC, für den er extra und ausdrücklich die private Nutzung untersagt hat, umfangreich zu durchsuchen, fehlt. Das LAG behauptet, dass das für dienstliche Geräte gelten soll.
Wer als Arbeitnehmer in Bremen arbeitet sollte dann, wenn die private Nutzung untersagt wurde, ein Ordner auf seinem PC anlegen und diesen mit „privat“ beschriften. Jede Einsicht des Arbeitgebers in diesen Ordner hätte nach dieser Rechtsprechung das LAG Bremen ein Datenschutzverstoß zufolge, der wiederum zu Schadenersatzansprüchen führen kann.
Wir sind jedenfalls von diesem Urteil nicht begeistert und halten es auch falsch.

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