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Verspätete Zielvorgabe: Schadenersatz für variable Vergütung

LAG Köln, Urt. v. 20.11.2024 – 12 Ca 2958/20

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz hat, wenn ein Arbeitgeber schuldhaft versäumt, rechtzeitig Zielvorgaben für eine variable Vergütung zu machen. Das Urteil betont die Bedeutung der Anreizfunktion von Zielvorgaben und zieht klare Grenzen für die zeitliche Festsetzung dieser Vorgaben.

Der Sachverhalt

Der Kläger war als „Head of Advertising“ bei der Beklagten tätig. Sein Arbeitsvertrag sah ein Jahreszielgehalt vor, das sich aus einem Fixum und einem variablen Anteil zusammensetzte. Die variablen Vergütungsanteile sollten an die Erfüllung von Unternehmens- und Individualzielen gekoppelt sein, die bis zum 1. März des jeweiligen Jahres festzulegen waren.

Für das Jahr 2019 wurden die Unternehmensziele erst im Herbst 2019 endgültig formuliert, individuelle Ziele überhaupt nicht. Der Kläger erhielt auf Basis einer Schätzung eine reduzierte variable Vergütung. Er machte geltend, dass die verspätete Zielvorgabe seine Möglichkeiten zur Zielerreichung und damit seine Vergütungsansprüche beeinträchtigt habe, und forderte die Differenz als Schadensersatz.

Das Urteil

Das LAG Köln gab dem Kläger Recht und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 16.035,94 Euro Schadensersatz.

Wichtige Punkte der Entscheidung

  1. Pflicht zur rechtzeitigen Zielvorgabe:
    Die Zielvorgaben müssen rechtzeitig und klar definiert werden, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, durch seine Leistung die Vergütungsziele zu erreichen. Für das Jahr 2019 wurde diese Pflicht von der Beklagten mehrfach verletzt.
  2. Unmöglichkeit durch verspätete Vorgabe:
    Zielvorgaben, die erst im letzten Quartal des Geschäftsjahres festgelegt werden, können ihre Anreizfunktion nicht mehr erfüllen. Damit gilt ihre Festsetzung als unmöglich, und der Arbeitgeber haftet auf Schadensersatz.
  3. Berechnung des Schadens:
    Der Schaden bemisst sich anhand der Differenz zwischen der tatsächlich gezahlten und der hypothetisch bei ordnungsgemäßer Zielvorgabe erzielbaren variablen Vergütung. Dabei wird unterstellt, dass der Arbeitnehmer die Ziele erreicht hätte, sofern der Arbeitgeber keine gegenteiligen Beweise vorlegt.
  4. Individuelle und Unternehmensziele:
    Auch wenn der Einfluss eines Arbeitnehmers auf unternehmensbezogene Ziele begrenzt ist, behalten diese ihre Anreizfunktion. Deshalb gelten für verspätete Vorgaben der Unternehmensziele die gleichen Maßstäbe wie für Individualziele.
  5. Kein Mitverschulden des Arbeitnehmers:
    Die unterlassene rechtzeitige Zielvorgabe lag allein im Verantwortungsbereich der Beklagten. Das frühzeitige Ausscheiden des Klägers aus dem Unternehmen (Ende November 2019) änderte nichts an der Beurteilung, da die verspätete Zielvorgabe bereits zu diesem Zeitpunkt schadensauslösend war.

Hinweise für die Praxis

  1. Klarheit und Pünktlichkeit bei Zielvorgaben:
    Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass Ziele rechtzeitig, schriftlich und unter Berücksichtigung von Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträgen festgelegt werden.
  2. Bedeutung der Anreizfunktion:
    Zielvereinbarungen und Zielvorgaben müssen so ausgestaltet sein, dass sie den Arbeitnehmer motivieren können. Späte oder unklare Vorgaben gefährden nicht nur die Anreizfunktion, sondern auch die Rechtssicherheit.
  3. Schadensprävention:
    Bei Versäumnissen in der Zielfestlegung ist mit hohen Schadenersatzforderungen zu rechnen. Eine klare Dokumentation und rechtzeitige Kommunikation der Ziele können solche Risiken minimieren.
  4. Rückwirkende Änderungen:
    Betriebsvereinbarungen oder neue Regelungen, die rückwirkend Vergütungsmodelle ändern, müssen sorgfältig umgesetzt werden, um Konflikte zu vermeiden.

Das Urteil unterstreicht die arbeitsrechtliche Bedeutung einer sorgfältigen und rechtzeitigen Zielvorgabe. Arbeitgeber sollten dies als Anlass nehmen, ihre internen Prozesse zur Festlegung variabler Vergütungsbestandteile zu überprüfen.

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