Mag das Arbeitsentgelt den umfassendsten Schutz durch Straf- und Bußgeldvorschriften erhalten haben, so ist der Schutz von Leib, Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers ebenfalls ein wichtiges Anliegen des Gesetzgebers. Hier können auch scheinbar leichte Fehler zu erheblichen Konsequenzen führen.
Zur Vereinheitlichung der Rechtspraxis wurde hier vom Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik ein „Bußgeldkatalog zum Arbeitszeit-, zum Jugendarbeitsschutz- und zum Mutterschutzrecht“ erstellt. Aus diesem lassen sich für viele Verstöße aus diesem Bereich jedenfalls im Ordnungswidrigkeitenrecht die möglichen Bußgelder mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit abschätzen.
Vorliegend stellen wir hier folgende Gesetze und Normen vor:
Im Hinblick auf die große Bedeutung des Gesundheitsschutzes von Mutter und Kind sind die Bußgelder im Mutterschutzrecht ganz erheblich.
Die Beschäftigung einer Schwangeren in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung kostet laut Katalog je angefangenem Tag € 1.000,-; in den ersten acht Wochen nach der Entbindung € 2.000,-. Besteht ein ärztliches Beschäftigungsverbot oder wurde eine unverantwortbare Gefährdung festgestellt, schlägt der Arbeitstag mit € 3.000,- zu Buche.
Gibt der Arbeitgeber der Mutter in den ersten zwölf Monaten nach der Geburt des Kindes nicht die gesetzlich erforderliche Zeit zum Stillen frei, so droht ihm pro Fall ein Bußgeld in Höhe von € 1.000,-.
Auch die Nichtdurchführung einer Gefährdungsbeurteilung und der entsprechenden Festlegung der Schutzmaßnahmen soll mit € 3.000,- je Fall belegt. Hierzu kommen aber weitere € 3.000,- pro Tag, an welchem die Frau tätig ist, obwohl die Schutzmaßnahmen fehlen. Dies kann also schnell kostspielig für den Arbeitgeber werden. Im Falle einer schwangeren Arbeitnehmerin sollte es daher umgehend die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Ist er sich unsicher, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, so sollte er zwingend anwaltlichen Rat einholen.
Handelt der Arbeitgeber vorsätzlich und wird hierdurch die Gesundheit von Mutter und/oder Kind gefährdet, droht in einigen Fällen sogar eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Hierbei muss sich der Vorsatz nur den Verstoß gegen das Mutterschutzgesetz beziehen. Die Norm ist ein sogenanntes „erfolgsqualifiziertes“ Delikt. Der Vorsatz muss in diesem Fall nicht auf die Gefährdung bezogen gewesen sein.
Die häufigsten Verstöße in diesem Bereich lassen sich wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Arbeitszeitgesetz feststellen. Verstöße in diesem Bereich werden überverhältnismäßig oft durch die Anzeige von ehemaligen Mitarbeitern aufgedeckt. Diese möchten sich für eine Kündigung bei der Gesellschaft revanchieren. Hier dient beispielsweise ein selbstgeführter Stundenzettel als Grundlage für den Beginn von Ermittlungen.
Gerade bei Rufbereitschaft drohen Verstöße gegen die gesetzlichen Ruhezeiten oder die maximale tägliche Arbeitszeit von zehn Stunden. Hier muss der Arbeitgeber darauf achten, dass während der Rufbereitschaft geleistete Arbeit in vielen Fällen zu der Arbeitszeit des vorangegangenen Tages zählen wird. Dies führt schnell zu einer Überschreitung der gesetzlichen Grenze. Aber auch nach Ende einer Tätigkeit im Rahmen der Rufbereitschaft muss der Arbeitgeber eine erneute Ruhezeit von vollen elf Stunden gewähren. Auch in diesem Fall droht ansonsten ein Bußgeld.
Eine weitere typische Fehlerquelle ist bei der Einhaltung von Pausenzeiten festzustellen. Gerade in Bereichen, in denen die Arbeitnehmer einfache Aufsichtsarbeiten leisten, erscheint dem Arbeitnehmer das Nehmen einer Pause nicht sinnvoll. Der Arbeitnehmer kann jedoch nicht auf seine Pause verzichten. Der Arbeitgeber muss schlicht dafür sorgen, dass die Pause genommen wird. Gerade, wenn der Arbeitnehmer zur Zeit des Pausenverstoßes der einzige Arbeitnehmer im Geschäft ist, können die Bußgelder immens sein. Wird festgestellt, dass jeden Tag das Geschäft aufgrund der notwendigen Pause 45 Minuten hätte geschlossen werden müssen, so wird regelmäßig der Anteil der nicht genommenen Pausen von der Tagesarbeitszeit berechnet und dann eine Geldbuße festgesetzt, die – lässt sich der Fehler auf ein Jahr zurück nachweisen – dem entsprechenden Anteil des Jahresgewinns entspricht. Auch weitere Zurückrechnungen sind bei entsprechendem Nachweis möglich.
Eine solide und unproblematisch nachweisbare Regelung der Arbeitszeiten ist somit – auch – für die Vermeidung von Bußgeldern essenziell. Ist sich der Arbeitgeber hier nicht umfassend sicher, ob seine Regelungen wasserdicht sind, lohnt sich regelmäßig die Kontrolle und gegebenenfalls Korrektur durch einen auf das Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt.
Der Arbeitgeber ist nach dem Arbeitsschutzgesetz dazu verpflichtet, die Gefährdung einer Arbeit für die Beschäftigten und die deswegen erforderlichen Maßnahmen zu ermitteln und dies ausreichend dokumentieren. Nicht nur drohen hier Bußgelder – und beispielsweise bei Gefährdung von Leben oder Gesundheit eines Arbeitgebers sogar Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr –, wenn bestimmte Arbeitsschutzmaßnahmen nicht umgesetzt werden; wird ein Arbeitnehmer tatsächlich bei einem Unfall verletzt oder gar getötet und hätte dies bei durchgeführter und umgesetzter Gefährdungsbeurteilung vermieden werden können, so droht dem Arbeitgeber hier eine Strafe wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung. Im Hinblick auf eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bei fahrlässiger Tötung ist eine solide Verteidigung dringend vonnöten.
Aber auch hier gilt wiederum: Eine umfassende Umsetzung der arbeitsrechtlichen Vorgaben vermeidet hier von vornherein mögliche Schwierigkeiten für den Arbeitgeber.
Vorsätzliche Körperverletzung seitens des Arbeitgebers kommt vor allem in Form des Mobbings (bzw. des „Bossings“) in Betracht. Es mag manchen Arbeitgeber überraschen, dass das bloße verbale Schlechtbehandeln eines Mitarbeiters eine Körperverletzung darstellen kann. Werden durch nachgewiesenes Bossing aber beim Arbeitnehmer körperliche Reaktionen hervorgerufen – Kopfschmerzen, Magenprobleme etc. –, so können diese körperlichen Beeinträchtigungen als Körperverletzungen dem Arbeitgeber zugerechnet werden.
Der Begriff des Bossings oder Mobbings wird dabei von Arbeitnehmern oft zu Unrecht auch in Fällen verwendet, in welchen die Tatbestandsvoraussetzungen schlicht nicht vorliegen, sondern der Arbeitgeber berechtigt kritisch mit dem Arbeitnehmer ist oder in berechtigter Weise sein Direktionsrecht ausübt. Kommt es zu solchen Vorwürfen, so ist somit einerseits nachzuweisen, dass der Arbeitgeber berechtigt gehandelt hat und andererseits aus strafrechtlicher Sicht die Verknüpfung von arbeitgeberseitiger Kritik und Entstehen der körperlichen Symptome beim Arbeitnehmer zu bestreiten.
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